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04.10.2017rss_feed

Welt Simmental-Fleckvieh Konferenz und 32. EVF Generalversammlung der EVF in Izmir, Türkei

Fleckvieh Türkei
© BVN

Vom 17. bis 21. September fand in Izmir, Türkei erstmalig eine Konferenz der Welt Simmental-Fleckvieh Vereinigung und gleichzeitig die 32. EVF Generalversammlung statt. Der Türkische Rinderzuchtverband CBAT (Cattle Breeder Association Turkey) eine sehr interessante und informative Veranstaltung für Funktionäre und Züchter von Simmental-Fleckvieh organisiert.

Türkei und Rumänien neue EVF-Mitglieder

Einen breiten Rahmen dieser Konferenz nahmen die Ausschusssitzungen der einzelnen Gremien der Welt Simmental-Fleckvieh Vereinigung (WSFV) und der Europäischen Vereinigung der Fleckviehzüchter (EVF) ein.

Nachdem der Türkische Nationalverband CBAT bereits seit 2012 Mitglied der WSFV ist, stellte nun der Zuchtverband einen Antrag auf Aufnahme in die EVF. Auch die nationale Herdbuchstelle Rumäniens, der staatlich anerkannte Zuchtverband A.C.V.BR-SIM stellte eine Anfrage zur Wiederaufnahme Rumäniens in die EVF.

Beide Anträge wurden von den Delegierten unter großen Applaus angenommen und die neuen Mitglieder herzlich willkommen geheißen. Die EVF umfasst nunmehr 18 Mitgliedsländer.

 

Bereits in 9 Ländern werden Simmental-Fleckvieh Rinder nach dem System FleckScore länderübergreifend bewertet und somit vergleichbar. Im Nebeneffekt ist dieses Bewertungsschema gleichzeitig ein wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit für Fleckvieh, anschaulich demonstriert auf dem 1. Fleckscore-Weltcup in Maishofen am 1. und 2. April 2017.Das nächste Treffen ist für 23./24.10.2017 in Frankreich geplant.

Auch in der EVF Arbeitsgruppe Fleckvieh Fleisch soll die Zusammenarbeit der Mitgliedsländer gefördert werden. So werden in einem Projekt Genomikdaten reiner Doppelnutzungsbullen auf eine mögliche Übertragung in die Genomdatenbank der Simmental-Fleckvieh Fleischnutzung geprüft.

 

Hinsichtlich der zukünftigen Veranstaltungen sind der nächste Weltkongress in der letzten Septemberwoche 2018 in den USA und während der nächsten Fleckviehschau in Deutschland die 33. Generalversammlung der EVF im April 2019 geplant.

Kucera weiter Präsident der Europäischen Vereinigung

Im Rahmen der Generalversammlung unter Leitung des Präsidenten Dr. Josef Kucera fanden auch die regulären Wahlen der EVF statt. Für weitere vier Jahre in ihren Ämtern wurden bestätigt: Dr. Josef Kucera (CZ) als Präsident, Dr. Imre Füller (HU) und Sebastian Auernig (AT) als stellvertretende Präsidenten und Dr. Georg Röhrmoser (DE) als Generalsekretär. Neu ins Präsidium wurde Joze Smolinger (SI) als stellvertretender Generalsekretär anstelle von Prof. Dr. Peter Polgar (HU) aufgenommen.

1.Welt Simmental-Fleckvieh Konferenz

Erstmalig wurde unter WSFV-Vizepräsident Ing. Sebastian Auernig, Österreich eine Konferenz des Weltverbandes abgehalten. In seinem Einführungsreferat stellte der stellvertretende Staatssekretär Dr. Durali Kosak die türkische Landwirtschaft dar. In der Türkei umfasst die landwirtschaftliche Produktionsfläche 815.000 km², 14,222 Mio. Rinder werden auf 1,178 Mio. Betrieben gehalten und erreicht somit den 10. Rang unter den rinderhaltenden Ländern der Welt. Die Milchproduktion stieg allein in den vergangenen drei Jahren um 2,4 Mrd. t auf nun 11,3 Mrd. t Rohmilch an. Ebenso beim Rindfleisch gab es einen Anstieg auf nun 1,5 Mrd. t, wobei weit größere Nachfrage besteht und somit der Rindfleischpreis bei über 7 €/kg liegt.

 

Der Generaldirektor im Agrarministerium Ankara, Dr. Salih Celik, präsentierte die Entwicklung der Fleckviehrasse in seinem Land: Die Simmental Zucht begann bereits in 1925 mit dem Import tragender Rinder von Ungarn in die Türkei. 1979 kamen die ersten Kalbinnen aus Deutschland und 1995 wurde ein Herdbuch in der Türkei eingerichtet. 2012 wurde der nationale Zuchtverband CBAT Mitglied der WSFV und seit 2012 stieg der Fleckviehkalbinnenimport aus ganz Europa rasant an. Waren 2010 von insgesamt ca. 25.000 Importen 5 % Fleckvieh, so stellten von den über 70.000 Importrindern in 2016 über 62% diese Doppelnutzungsrasse. In 2017 sind von den bisher 44.000 angekauften Tieren 32.900 Fleckvieh, also fast 75%!

Fleckviehtiere haben einen großen Stellenwert in der Türkei. Als Doppelnutzungsrasse haben sie neben der hohen Milchleistung gleichzeitig eine hervorragende Fleischleistung. Da der Fleischpreis in der Türkei derzeit überproportional gut bezahlt wird, ist Simmental-Fleckvieh die ideale Doppelnutzungsrasse zur Einkreuzung in die vorhandenen reinen Milchrassen.

 

An Rindersperma wurden im Jahr 2016 über 6 Mio. Dosen importiert. Der Hauptanteil mit 35,59% wurde aus Deutschland geleistet. Der Anteil von Fleckviehsperma lag mit 1,977 Mio. Dosen bei fast 33 % nach Holstein mit knapp 46 %.

 

Derzeit gibt es in der Türkei 6 Besamungsstationen, die jährlich 2,5 Mio. Spermadosen produzieren, dabei sind Holstein und Simmental die bevorzugten Rassen.

 

Dr. Onur Sahin von der CBAT ergänzte die Statistik und ging noch genauer in die Entwicklung des Fleckviehs in den letzten Jahren ein:

 

Rassevergleich:

2015: 70,5% Holstein, 15,1% Simmental, 10,3% Braunvieh, 3,0% lokale Rassen

2017: 65,6% Holstein, 18,4% Simmental, 11,6% Braunvieh, 3,0% lokale Rassen

 

Bei den Importländern steht unser Nachbarland Österreich mit 27.082 Kalbinnen in 2015 und 31.656 in 2016 an erster Stelle. Deutschland exportierte 2015 7.849 weibliche Rinder und 2016 17.031 Tiere in die Türkei. Der Anteil der deutschen Genetik in den türkischen Herdbuchbetrieben stieg von 20,2% auf 28,6%.

 

Derzeit werden im Schnitt 2,8 Kühe bzw. 4,7 Rinder auf den 215.000 Simmental-Fleckviehbetrieben in der Türkei gehalten. Die künstliche Besamung mit Fleckvieh erlebte in den letzten drei Jahren einen rasanten Anstieg von 500.000 Dosen in 2013 auf nunmehr nahezu 850.000 in 2016.

Bei der Leistungsprüfung liegt Simmental mit 99.339 Laktationen der Erstlingskühe bei 4.627 kg Milch bei 3,71% Fett und 3,42% Eiweiß.

 

Im zweiten Teil der Weltkonferenz folgten der Vortrag von Bernd Luntz, Deutschland, zum Thema Nachhaltige und effiziente Zucht mit Fleckscore, dann das interessante Referat von DI Franz Steininger, Österreich, zu den Ergebnissen der Projektstudie Der effizienten Fleckviehkuh auf der Spur sowie der Vortrag von Bruce Holmquist, Kanada, zu den Entwicklungen und Erfolgen des Fleckviehs in seinem Land seit der Einführung ab dem Jahr 1967.

Bernd Luntz arbeitete in seinen Ausführungen vor allem die Zusammenhänge der Exterieur-Merkmale mit der Nutzungsdauer heraus und sprach auch die Einführung neuer Merkmale an.

DI Franz Steininger konnte anhand der exakt erhobenen Projektdaten die vielen wirtschaftlichen Vorteile des Fleckviehs sowie auch die Energieeffizienz vorstellen.

Interessante Fachexkursionen

Zunächst wurde der Aufzuchtbetrieb der CBAT mit 578 Jungtieren – 476 Fleckvieh und 112 Braunvieh besichtigt. Die Jungkalbinnen wurden aus Deutschland und Österreich importiert. Im höher trächtigen Stadium werden sie an türkische Betriebe weitervermarktet. Die Fütterung erfolgt hauptsächlich mit Maissilage und Heu. Der Großteil des Futters wird von den Bauern der Umgebung zugekauft. Die Stallanlagen haben eine Kapazität für 1.700 Stück.

Die Kamil Dogan Farm befindet sich im Privatbesitz der Familie, wurde 1998 gegründet, umfasst ca. 100 ha und einen Viehbestand von 300 Stück Fleckvieh, davon rund 100 Milchkühe. Gemolken wird in einem einfachen 10 Kuh-Swing-Over-Melkstand. Die Futterbasis besteht aus Mais- und Raygras-Silage, Heu, Kraftfutter. Täglich werden ca. 2000 kg Milch produziert. Für die Milch erhält Kamil Dogan 40 Cent, für die sehr guten Fleckvieh-Maststiere € 7,- (!) pro kg Schlachtgewicht. Der gute Fleischpreis erklärt mit auch den Fleckvieh-Boom in der Türkei.

Die Bontoro Cattle Farm bei Menderes produziert mit insgesamt 1.530 Rindern Milch und Fleisch. Dieser Bestand teilt sich auf 321 Kühe Fleckvieh, 155 Braunvieh, 122 Red HF, 346 HF, 358 Black Angus, 117 Red Angus und 111 Charolais auf. Als Futtergrundlage dient Luzerne- und Grassilage mit starkem Zukauf (Ballensilage) von den Bauern, die auch die Gülle zurücknehmen. Der Milchpreis liegt bei umgerechnet 32,- Cent, der Fleischpreis ebenfalls bei € 7,- pro kg Schlachtgewicht.

Auf der Dorcan Cattle Farm bei Manisa, gegründet 2005, werden 1.040 Rinder, darunter 204 Fleckviehkühe, gehalten. Täglich werden etwa 3.500 kg Milch produziert. Die Farm kann auf Grund ihres großen Flächenausmaßes von rund 2000 ha ihre Tiere mit Eigenfutter versorgen.

 

Hedwig Strobl, Georg Röhrmoser, ASR